MOPO-Redakteur Leon Koß hatte Glück und präsentiert den gefangenen Zander

MOPO: Dieser Fisch lässt das Herz von Hamburgs Anglern höher schlagen

Artikel der Hamburger Morgenpost vom
Artikel von MOPO-Redakteur Leon Koß

Dieser Fisch lässt das Herz von Hamburgs Anglern höher schlagen

 

Der Angelsport in Hamburg boomt. Im vergangenen Jahr haben mehr als 120.000 Menschen an der Elbe, ihren Nebenflüssen und der Alster ihr Glück versucht – und es werden immer mehr. Die Mitgliederzahlen in den meisten Angelvereinen in Hamburg steigen wieder und Corona soll diesen Trend noch befeuern. Viele entdeckten im ersten Lockdown ihr altes Hobby wieder, andere fingen mit dem Angeln an. Bekannt ist Hamburg nicht nur für seine vielfältige Angellandschaft, sondern hat auch einen heimlichen Star – der Zander.

Er ist es, für den Tausende Touristen an die Elbe strömen und wenn der Begriff „Zander-Stadt“ fällt, denken Angler aus ganz Europa an Hamburg. Nirgends kann man ihn so einfach fangen wie hier. Trotzdem spalten sich, wie es sich für einen Star gehört, auch an ihm die Geister: Kann der Zander – eine Delikatesse, für sein zartes Fleisch bekannt und auch unter Sushi-Köchen immer beliebter – angesichts der hohen Schwermetall-Belastungen in der Elbe bedenkenlos gegessen werden?

Es ist kurz nach 7 Uhr. Irgendwo auf der Süderelbe. Es windet kühl, aber die Sonne zieht langsam zwischen den Hafenkränen auf. Kleine Wellen lassen unser Boot sachte schaukeln. „Es kann sich anfühlen, als würde ein Reiskorn auf deine Rutenspitze fallen oder als würde jemand mit voller Wucht auf deine Angel schlagen. Du musst also gut aufpassen“, meint Benny. Benny ist Angelguide und erklärt, worauf man beim Zanderangeln achten muss.

Angeln in Hamburg: Der Zander ist der Star

Seit drei Jahren bringt er Angler – darunter Anfänger und Profis – mit seinem Boot auf die Elbe und ihre Nebenflüsse. Ihr Ziel: der Zander. Auch Benny beobachtet, dass sich immer mehr Menschen für das Angeln interessieren. „Es ist nicht so, dass nur ältere Männer kommen würden. In den letzten Jahren sind es auch immer häufiger Frauen – und die fangen meistens auch besser“.

 

Amgeln

Benjamin Schümann ist eigentlich Stuckateur und hat sein Hobby zum Beruf gemacht. Mit Boot und allen nötigen Bescheinigungen ausgestattet, zeigt den Teilnehmern seiner Zanderguiding-Touren die besten Angelplätze auf der Elbe. Hier mit seinem Lieblingsköder. „Vertrauen in den Köder ist alles!“ (Foto: Leon Koß)

Faszination Angeln: Ruhe und Aufregung auf dem Boot

„Das war früher ganz anders“, meint Karl-Heinz Meyer. Er ist Geschäftsleiter des Anglerverbandes Hamburg und war schon mit seinem Großvater an der Elbe auf Zanderjagd. „Damals angelten nur Männer. Heute beobachten wir, dass besonders immer mehr junge Frauen bei uns ihre Fischereiprüfung ablegen“.

So auch Saskia Weilch aus Winterhude. Im Sommer 2020 hat sie ihren Angelschein gemacht. „Mein Vater hat mich mal mitgenommen und ich fand das unheimlich spannend. Die Ruhe am Wasser und auch gleichzeitig die Aufregung, wenn ein Fisch gebissen hat. Das macht einfach süchtig“, sagt die 23-jährige Studentin. Mayer begrüßt diese Entwicklung und hofft, dass sich auch in Zukunft der Angelsport weiter öffnet. Wobei, und das sagt Mayer mit Nachdruck: „Wirbeltiere töten ist kein Sport!“

Angeln ist nicht nur Spaß und Sport – der Fisch muss getötet werden

Die Sonne steht mittlerweile hoch über der Süderelbe. Am Horizont sind die Elphi und der Michel zu sehen und der Himmel ist blau. Unser Boot treibt seit fünf Stunden durch die Kanäle, vorbei an Hafenanlagen und kleinen Frachtern.

„Da ist einer dran!“, ruft Benny in die Stille. Tatsächlich, meine Rutenspitze biegt sich plötzlich nach unten. Ich bin sofort hellwach und beginne zu kurbeln. Saskia Weilch hat recht. Die langen, ereignislosen Stunden vor dem Biss sind vergessen und ich bin plötzlich nervös. Ich schaffe es, den Fisch zu „landen“, wie das Einholen im Fachjargon heißt.

Mein Zander entspricht dem Mindestmaß, ist also ist nicht zu groß oder zu klein. Das Tierschutzgesetz schreibt nun vor: Der Fisch muss getötet werden – für viele der unschöne Teil des Angelns. Aber nicht nur das Töten ist für viele Angler ein Problem.

 

Amgeln

Bernd Greiner war zum ersten Mal mit Benny auf Tour. Er hatte sich keine „kompromittierenden“ Fotos gewünscht, aber auch das gehört zum Angeln. Statt des großen Fangs ein paar Muscheln und Algen. Gelacht wird trotzdem. (Foto: Leon Koß)

Zander essen, oder nicht? Angst vor Umwelteinflüssen

Die Elbe und ihre Nebenflüsse sind voller Schwermetalle und industrieller Giftstoffe. Für viele kommt das Essen ihrer Zander daher nicht infrage. Andere wiederum essen regelmäßig, teilweise wöchentlich, den eigentlich so delikaten Fisch. Auch die offiziellen Verzehrs-Empfehlungen weichen voneinander ab. So kursieren verschiedene Zahlen, aber genau weiß niemand, wie es um die Gesundheitlichen-Risiken Hamburgs geheimen Superstars steht.

Dazu sagt Meyer. Das Problem ist, dass die Studien verschiedener Institute nicht unter einheitlichen Bedingungen durchgeführt werden. So wurden in einer Studie aus Niedersachsen die Proben verschiedener Fische zusammen getestet.

Empfehlungen zu Grenzwerten bei Schwermetall-Belastungen weichen ab

Das ist aber Schwachsinn, meint Meyer dazu. Der Aal beispielsweise ist ein fettreicher Fisch, lebt am Grund und ernährt sich ganz anders als Freiwasserfische wie der Zander. So sind auch die Werte der Giftstoffe im Aal deutlich höher als die im Zander. Genaue Werte gibt es aber nicht. Die Empfehlungen reichen von „nicht mehr als 200 Gramm in der Woche“ bis hin zu „nicht mehr als 300 Gramm im Monat“.

Aktuell laufen vonseiten offizieller Behörden, soviel hat das Umweltamt Hamburg verraten, genauere Untersuchungen bezüglich der Schadstoffmengen der Hamburger Elbfische. Noch dieses Jahr sollen sie veröffentlicht werden.

 

Angeln

Zander fängt man wohl am besten mit Gummifischen, die man langsam auf und ab bewegt. Immer tief am Grund, wo sich die Zander aufhalten und auf Beute warten. (Foto: Leon Koß)

Auf der Elbe geht der Angel-Tag zu Ende. Die Sonne verschwindet wieder hinter den rostigen Kränen und Verwunderung kommt auf: Wir haben jetzt gute sieben Stunden in diesem kleinen Boot verbracht, ohne Handy, fast ohne Lärm, bei insgesamt nur zwei gefangenen Fischen. So schnell kann die Zeit vergehen.

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